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Metol-Entwickler – eine Klasse für sich?

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Metol-Entwickler sind eine Klasse für sich. Ist das tatsächlich so oder sind Metol-Entwickler lediglich ein Mythos? Im Rahmen der Aktion Classic Camera schauen wir uns das ganz genau an. Zudem suchen nach dem Ursprung der auf Metol aufgebauten Entwickler.

Metol-Entwickler – früher beliebt und heute vor dem Aussterben?

Den meisten Fotografen sind Metol-Entwickler erst so richtig ins Blickfeld gerückt, nach dem Beutler seine Tests und Entwickler-Rezeptur veröffentlicht hat. Aber schon lange vor Beutler gab es Metol-Entwickler. Die Ursprünge sind nicht mehr exakt nachzuvollziehen, aber um 1900 herum wurden einige Rezepturen in Zeitschriften und Büchern veröffentlicht. Deren Ursprünge gehen wahrscheinlich auf die Zeit um 1890 zurück. Diese „frühen“ Metol-Entwickler bauen auf einer Glycin-Basis auf.

Da wir uns schon lange mit dem Einsatz von Glycin in Schwarzweiß-Entwicklern befassen, haben uns diese Rezepte natürlich sehr gereizt. Aber schauen wir zunächst auf die Metol-Entwickler, die es definitiv zwischen 1900 und heute zu kaufen gab.

Metol-Entwickler wurden wegen ihrer feinen Ausentwicklungscharakteristik geschätzt. Sie standen für weiche, feinkörnige Bilder. Häufig wurde auch von einem so genannten „Kantenleuchten“ gesprochen, der durch den Eberhard-Effekt sichtbar wurde. Man spricht auch vom „Kanteneffekt“ oder „Saumeffekt“. Ursprünglich wurde das als Entwicklungsfehler angesehen, weil sich dieser Effekt durch eine Erhöhung der Kantenschwärzung an der Grenze zwischen hellen und dunklen Farbwerten bildete. Da sich dies jedoch gleichzeitig als Verstärkung der Kontrastlinie bei kontrastschwachem Filmmaterial nutzen ließ, wurde aus dem ursprünglichen Fehler eine Tugend. Eberhard-Effekte wurden im Laufe der Zeit auch anderen Entwicklern „anerzogen“, aber nicht alle Fotografen lieben das.

Für Metol-Entwickler gab es im Laufe der letzten 100 Jahre eine Menge unterschiedlicher Rezepturen. Besonders Fineart-Fotografen fühlten sich zu diesen Entwicklern hingezogen. Zumeist wurden niedrig- bis mittelempfindliche Filme verwendet und oft wurde nicht einmal Nennempfindlichkeit in der Metol-Entwicklung erreicht. Zudem kam es zu einem enormen Aufsteilen, wenn man einen Film in einer Push-Entwicklung auf höhere ISOs „zwang“. Das war auch einer der Gründe, warum Metol-Entwickler in der modernen Fotografie immer weniger Zuspruch erlebten. Der letzte in Masse produzierte Metol-Entwickler wurde von Tetenal geliefert – Neofine Blau – und dort ist das Produkt nun abgekündigt. In Kürze wird es also diesen Metol-Entwickler auch nicht mehr geben.

In vielen Büchern wird Metol-Entwicklern eine ganz besondere Eigenschaft nachgesagt – eine erhebliche Belichtungstoleranz. Anders als normale Ausgleichsentwicklern, die Tonwerte ausgleichen und dabei aber häufig zu undifferenzierten Bildern führen. Metol-Entwicklern soll das Ausgleichen der Tonwerte fremd sein, das wurde in der Fotoliteratur vor 100 Jahren beständig betont. Allerdings sprach man damals nicht von Tonwerten, sondern nutze die realen Begriffe Rot, Grün, Blau und so weiter. Wir haben dazu einen Test gemacht und den Metol-Entwickler nach Beutler „nachgekocht“. Hohe Kantenschärfe haben wir zweifellos gefunden, aber viele in historischen Büchern aufgeführten Eigenschaften wiederum nicht. Nicht schlimm, da Fotografie ja nicht auf Dauer „historisch“, sondern modern im Bildausdruck sein soll – Entwickler folgen dem jeweiligen Zeitgeschmack.

Ein historischer Metol-Entwickler

Zum „Nachkochen“ eines historischen Metol-Entwicklers haben wir eine Rezeptur ausgesucht, die uns sehr alt erschien. Und auch wie viele andere Rezepturen der Vergangenheit folgt sie der chemischen Faustformel „viel hilft viel“. Wenn man in die Rezeptur von Beutler hinein schaut, findet man 10% Metol im Konzentrat – bei der historischen Rezeptur liegen satte 22% an. So etwas würde heute kein verantwortungsvoller Fotograf mehr verwenden – 5% dürften als absolute Obergrenze gelten. Aber wir haben es zunächst einmal ausprobiert. Und tatsächlich, dort finden wir in den Bildern die historisch beschriebenen Eigenschaften, inklusive der Belichtungstoleranz. Hier zeigen wir Beispielbilder auf Kodak Tri-X 400 im Kleinbild-Format – eine Blendenreihe mit ISO 200, ISO 400 und ISO 800. Im Grunde sind alle Bilder gleich gut.

Tri-X auf ISO 200 Tri-X auf ISO 400 Tri-X auf ISO 800

Hauptwirkstoffe des historischen Konzentrats sind Metol und Glycin. Nach unseren Erfahrungen unterstützt Glycin den Aufbau der feinen Grautöne. Auch hier waren wir wieder erstaunt, wie „hart“ der Entwickler zur Sache ging – bei einer Verdünnung von 1+4 war der Tri-X nach 10 Minuten ausentwickelt und das Ergebnis sind wundervoll weiche Bilder. Auch der Bildausdruck kommt uns wieder bekannt vor – solche Bilder findet man auch im Fotoalbum der Großeltern. Und noch eine Sache ist uns aufgefallen – wieder scheint sich die Vermutung zu bestätigen, dass in früheren Zeiten das Filmmaterial wesentlich träger war als heute und entsprechend kräftige Entwickler benötigte. Aber der historische Metol-Entwickler zeigt schon im ersten Test, was er kann. Und die Feinkörnigkeit hat uns beeindruckt – schließlich handelt es sich um Bilder auf Tri-X, einem Film der gewiss nicht für seine Feinkörnigkeit bekannt ist. Zudem scheint es hier auch keine Tendenz zum Aufsteilen zu geben. Aber das werden wir in nachfolgenden Tests weiter ergründen.

Viele Erkenntnisse der Aktion Classic Camera

Classic Camera ist keine Aktion die beweisen soll, dass früher alles besser war. Das wäre auch absoluter Blödsinn. Alleine schon die hohen Konzentrationen vieler Rezepturen sind für die heutige Zeit absolutes indiskutabel – aus Sicht der Umwelt und der Gesundheit. Aber interessant ist auch, dass wir heute viel „altes“ und „neues“ Wissen kombinieren und unsere Lehre daraus ziehen können. Und es ist sehr spannend, zu sehen und zu erleben, wie Fotografen vor 100 Jahren zu ihren Bildergebnissen kamen. Das ist Classic Camera!

Der Beitrag Metol-Entwickler – eine Klasse für sich? erschien zuerst auf Spürsinn • Der analoge Fotoladen.


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